Bildungskarenz als Softwareentwickler – ein Erfahrungsbericht
Die Bildungskarenz ist derzeit ein kontrovers diskutiertes Thema. Während in den letzten Jahren vor allem die mutmaßliche Ausnutzung des Modells und darauf folgende nachträgliche Rückzahlungsforderungen seitens des AMS im Mittelpunkt standen, wurde vor kurzem die Abschaffung der Bildungskarenz beschlossen. Doch jenseits politischer Diskussionen bleibt eine wichtige Frage unbeantwortet: Wie sind die tatsächlichen Erfahrungen von Menschen, die die Bildungskarenz gemacht haben? Und genau diese, aus der Sicht eines Softwareentwicklers, möchte ich schildern.

Warum Bildungskarenz als Softwareentwickler?
Der Gedanke, eines Tages in Bildungskarenz zu gehen, hat sich über einen langen Zeitraum gebildet. Als Softwareentwickler verlagerte sich mein Fokus zunehmend auf CI/CD. Oft ging es nur um kleine Wartungen oder Erweiterungen, trotzdem war mein Interesse geweckt, aber mir fehlte grundlegendes Wissen. Zwar gab es an sich Weiterbildungsmöglichkeiten während der Arbeitszeit, doch neben laufenden Projekten war es schwer, ausreichend Zeit zu finden. So entstand die Idee zur Bildungskarenz.
Die unendliche Kurssuche
Mein Ziel war es, DevOps-Grundlagen zu erlernen und mich intensiv mit Technologien wie Kubernetes, Terraform und Ansible zu beschäftigen. Den Abschluss sollte die CKA-Zertifizierung (Certified Kubernetes Administrator) bilden.
Die erste Herausforderung bestand in der Kursrecherche. Die Weiterbildungsdatenbank des AMS bot zwar zahlreiche Kurse, doch viele waren entweder zu kurz oder nicht mehr aktuell. Zudem waren die Kosten enorm – einige Kurse kosteten mehrere hundert Euro pro Tag.
Es war frustrierend, vor allem wenn man weiß, dass Plattformen wie Kodekloud Jahresabos für wenige hundert Euro anbieten. Also begann ich, internationale Kursanbieter anzuschreiben, um herauszufinden, ob sie eine Bildungskarenz begleiten und die erforderlichen Dokumente ausstellen könnten.
Die für unmöglich geglaubte Suche sollte nach ein paar Wochen (endlich) ein Ende finden: Techworld with Nana hatte sowohl einen 6-monatigen Kurs für DevOps-Grundlagen als auch einen für die bereits erwähnte Kubernetes-Zertifizierung CKA und war bereit, die Bildungskarenz zu begleiten.
Bürokratisches Pingpong mit dem AMS
Da die Kurse in der AMS-Datenbank nicht passten, nahm ich Kontakt mit dem AMS auf, welche Lösungen es in meiner Situation geben könnte. Doch anstatt einer individuellen Beratung erhielt ich vorgefertigte Textbausteine und eine Flut an PDFs, die mehr Verwirrung als Klarheit schufen.
Eine maßgeschneiderte Bildungskarenz erforderte enormen Eigenaufwand und Recherche meinerseits. Diese bürokratischen Hindernisse zeigen, wie das Bildungskarenz-System an der Realität der schnelllebigen Technologiebranche vorbeigeht. Deutlich einfacher wäre es gewesen, einen der für die Bildungskarenz vorgefertigten Sprachkurse zu besuchen. Nicht selten waren diese Kurse auch im Verdacht, einfach Lückenfüller zu sein, um mit möglichst wenig Aufwand die Bildungskarenz in gewisser Weise auszunutzen.
Bildungskarenz in der Praxis
Während meiner sechsmonatigen Bildungskarenz absolvierte ich ein DevOps-Bootcamp, einen Kubernetes-Kurs und schließlich die CKA-Zertifizierung – letztere allerdings außerhalb des offiziellen Bildungskarenz-Rahmens. Während der sechs Monate war man vom AMS so gut wie ungestört. Nach Abschluss der jeweiligen Kursprüfungen habe ich die von Techworld with Nana ausgestellten Dokumente (wie beispielsweise ein Credly-Zertifikat) beim AMS eingereicht und stets eine positive Rückmeldung erhalten.
Fazit: Lohnt sich die Bildungskarenz für Softwareentwickler?
Trotz all der Schwierigkeiten und des hohen benötigten Eigenaufwands war es möglich, die Bildungskarenz an meine Bedürfnisse anzupassen. Ich konnte nicht nur meine Kenntnisse im Bereich DevOps signifikant erweitern, sondern auch als Certified Kubernetes Administrator abschließen und bin dadurch seit meiner Rückkehr auch Teil des internen Infrastruktur-Teams.
Die finanzielle Umstellung auf Arbeitslosengeld war spürbar, aber akzeptabel. Für viele könnte dies jedoch eine Hürde darstellen, die den Zugang zur Bildungskarenz erschwert.
Ein kritischer Blick auf das System
Aufgrund der oben genannten Probleme war ich kurzzeitig sogar am Überlegen, einen für die Bildungskarenz passenden, einfachen Sprachkurs zu machen, um nebenbei, unabhängig vom AMS, dann an meiner DevOps-Weiterbildung zu arbeiten. Diese Erfahrung zeigt, dass das System der Bildungskarenz in der jetzigen Form nicht ideal auf die Bedürfnisse der Arbeitswelt, insbesondere in schnelllebigen Bereichen wie der Softwareentwicklung, abgestimmt ist.
Die derzeitigen Regelungen bevorzugen oft Kurse mit fragwürdigem Mehrwert, während sie es erschweren, praxisnahe und zukunftsorientierte Weiterbildungen in Technologieberufen zu absolvieren. Eine optimierte Bildungskarenz sollte individuellere Betreuung, flexiblere Rahmenbedingungen und eine bessere Anerkennung digitaler Lernangebote beinhalten. Andernfalls bleibt viel Potenzial für Fachkräfte ungenutzt – und das in einem Bereich, der stark von kontinuierlicher Weiterbildung lebt.