Anlässlich des am 31. Juli 2020 zum 21. Mal stattgefundenen System Administrator Appreciation Day habe ich mir die Zeit genommen, um über diese Rolle zu reflektieren.

"Ein Systemadministrator verwaltet Computersysteme auf der Basis umfassender Zugriffsrechte auf das System.

Systemadministratoren planen, installieren, konfigurieren und pflegen die informationstechnische Infrastruktur eines Unternehmens. Als Operatoren führen sie die zum laufenden Betrieb der Computeranlagen erforderlichen manuellen Tätigkeiten aus.

Zu den Strukturen in diesem Sinne zählen neben Servern und Arbeitsplatzrechnern auch die zugrundeliegenden Speichersysteme, Netzwerke und Telekommunikationssysteme."

Ich habe mir erlaubt, diese Definition aus Wikipedia) zu zitieren und etwas zu kürzen. Aus heutiger Sicht wirkt diese Definition etwas "altmodisch". Heute wichtige Begriffe, wie digitale Transformation, Cloud Computing, agiles Management und IT-Sicherheit kommen darin nicht vor. Und weil das so ist, habe ich eine Zeitreise in die openFORCE Geschichte unternommen wie sich diese Rolle in unserem Unternehmen entwickelt hat.

Do it yourself

Wir haben unser Unternehmen im Jahr 2002 gegründet und schon nach recht kurzer Zeit haben wir entdeckt, dass wir mit dem Management unserer IT-Systeme Unterstützung brauchen. Also haben wir einen Systemadministrator gesucht und 2004 auch gefunden. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir eine Menge eigener Hardware in unserem Besitz, um unsere notwendigen Dienste zu betreiben:

  • Webserver
  • Groupware (E-Mail, Kalender) und Kommunikationsserver (Chat - ja, das gab es auch schon 2004 - lange vor Slack :-) )
  • Fileserver & Printing
  • Test- und Entwicklungsysteme für unsere Softwareentwicklung

Über die Jahre stieg die Anzahl der Serversysteme, die wir benötigten stetig an. Das ging etwa bis 2012 so weiter. Mit der wachsenden Anzahl an Projekten, die wir umsetzten und mit jedem weiteren Team wurde die Administration aber immer aufwendiger und gleichzeitig wurden die Softwareentwicklungsteams immer unzufriedener mit der nicht vorhandenen Flexibilität unserer IT-Infrastruktur. Nicht, dass sie schlecht war. Unsere Kundenprojekte wurden aber immer größer und damit stieg die Komplexität der Entwicklungs- und Testsysteme. Continous Integration (CI) wurde immer wichtiger. Die Entwicklungsteams wollten kurzfristig Systeme aufsetzen, ausprobieren und wieder löschen, wenn sie nicht mehr benötigt wurden.

Virtualisierung

Mittels Virtualisierung haben wir damals versucht, diese Flexibilität zu gewinnen und es hat auch tatsächlich zu einer Verbesserung der Situation geführt. Gleichzeitig begann aber ein interessanter Prozess.

Die Entwicklungsteams haben begonnen, die virtuellen Maschinen zu übernehmen und sich um deren Konfiguration zu kümmern. Unser Systemadministrator hat sich immer mehr auf die Bereitstellung der Basis für die Virtualisierung gekümmert. Der Inhalt der virtuellen Maschinen war für unseren Systemadministrator immer mehr unbekannt oder besser - die Entwicklungsteams haben unseren Systemadministrator als internen "Consultant" zum Aufsetzen unserer Projekte in den virtuellen Maschinen benötigt. Das war etwa 2014 und rückblickend sehe ich das als die Geburtsstunde von DevOps in der openFORCE.

Cloud & Container

Kurz danach haben wir begonnen, Container für uns zu entdecken. Docker wurde 2013 (!!) veröffentlicht und das Konzept der Container hat uns sofort begeistert. Damit haben wir nun nicht einmal mehr die Virtualisierungsinfrastruktur benötigt. Amazon hat mit AWS gezeigt wie man Infrastructure as a Service richtig macht und in Europa haben die ersten Unternehmen ebenfalls wirklich gute Angebote auf den Markt gebracht, um sehr einfach auch große Mengen an (virtuellen) Servern kurzfristig zu kaufen. Und wenn kein Bedarf mehr vorhanden war, wurden diese einfach wieder gelöscht. Das war 2015. Unser Systemadministrator wollte ins Entwicklungsteam wechseln und so war das Kapitel "Systemadministrator" in der openFORCE beendet. Seither haben wir keinen Systemadministrator mehr und haben die eigene Hardware durch Cloudserver ersetzt.

DevOps

Wir setzen also seit 5 Jahren keine eigene Hardware mehr ein (außer unsere Laptops natürlich). Dafür betreiben wir so viele Serversysteme wie nie zuvor. Das Wissen über die Administration von Cloudsystemen ist in die Projektteams gewandert, wo Softwareentwickler gemeinsam mit Cloud- und Systemarchitekten für die gesamte Lösung bestehend aus Software mit der dazu notwendigen Infrastruktur verantwortlich sind. Ich denke, genau das ist es, was DevOps ausmachen soll. Es ist ein Prozess und ein Mindset - und keine Rollenbeschreibung.

Für teamübergreifende Aufgaben haben wir übrigens einen eigenen Squad (so nennen wir unsere autonomen agilen Teams) gegründet. Wir nennen ihn (in Gedenken an früher) - System Administration as a Service oder kurz SaaaS. Und dort sprechen wir uns jeden Freitag zusammen und planen die nächsten Verbesserungen an unserer Infrastruktur. Und auch in dieser Runde haben wir den SysAdmin Day hochleben lassen, wie ein Foto vom letzten Meeting zeigt :)

Fazit

Die Zeit des klassischen Systemadministrators, der alleine in einem kleinen Raum die IT-Geschicke von Unternehmen lenkt ist längst vorrüber. Große Unternehmen haben oft noch eine eigene IT-Abteilung, die sich um den Betrieb des eigenen Rechenzentrums oder der Cloud-Infrastruktur kümmert. Kleinere Unternehmen haben diese Dienstleistung fast immer an Spezialisten ausgelagert. Und ich sage es ohne Wehmut offen und direkt - das ist auch gut so. Die Anforderungen an eine moderne IT-Betriebsführung sind so komplex, das sie nicht mehr von einem einzelnen Systemadministrator bewältigt werden können.

Dennoch werden wir in unserem SaaaS Squad auch im nächsten Jahr den SysAdmin Day feiern - auch in der IT darf es ein wenig Nostalgie geben.